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Ein erfülltes Leben - wie geht das?

Als Anna im Erstgespräch saß, sagte sie zu mir: „Ich bin unzufrieden mit meinem Leben. Ich habe das Gefühl, nur zu funktionieren. Aber ich weiß nicht, wo ich ansetzen soll, um etwas zu verändern“. Als ich Anna erklärte, dass ihre Unzufriedenheit erst mal positiv sei und sogar einen wichtigen Schritt auf ihrem Weg zu einem erfüllten, vitalen Leben darstellt, schaute sie mich ungläubig an. Warum das so ist, welche Schritte notwendig sind, um die eigene Lebenszufriedenheit zu steigern, welche Fallstricke auf dem Weg lauern können und was Anna aus diesen Erkenntnissen machte, darum geht es in diesem Artikel.

1. Phase: Körperwahrnehmung

Kannst du dich erinnern, wie es sich angefühlt hat, als du das letzte Mal richtig Hunger hattest? Vielleicht rumorte dein Magen, oder du hast ein Gefühl von Leere in deiner Magengrube. Dein Körper signalisiert dir: „Hey, hier fehlen Nährstoffe, bitte kümmere dich darum, damit du gesund bleibst“. Nicht ohne Grund fühlt sich dieser Mangel unangenehm an, sonst würdest du ja nichts dagegen tun. Auch wenn wir unzufrieden sind, bedeutet es, dass in irgendeinem Lebensbereich ein Mangel, also ein Bedürfnis, existiert. Um ein Bedürfnis wahrnehmen zu können, benötigen wir die Fähigkeit, die sensorischen Signale unseres Körpers wahrnehmen zu können.

Dies ist auch für mich als Therapeutin ein Grund, weshalb ich meine Klienten darin unterstütze, ihre Körperwahrnehmung zu verbessern. Auch Anne lernte, ihre Aufmerksamkeit immer wieder bewusst auf ihre Körperempfindungen zu lenken und zu spüren, wann sie sich anspannte, wann sie sich entspannte, wann ihr Herzschlag sich beschleunigte, wann ihre Atmung flacher oder tiefer wurde, u. s. w. So gelang es ihr zunehmend, mehr bei sich selbst anzukommen und zu erkennen, was ihr guttut und was nicht.

Was du für dich tun kannst: Nimm dir zwischen durch mal eine Minute am Tag Zeit, um deinen Körper bewusst wahrzunehmen. Wenn möglich, schließe dabei die Augen. Dann ist es in der Regel leichter, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten.

2. Phase: identifizieren

Nun reicht es aber nicht, dass wir ein körperliches Signal einfach nur wahrnehmen. Wir müssen auch noch verstehen, welcher Hinweis darin steckt. Stell dir vor, du spürst, wie sich dein Magen zusammenzieht, weil du Hunger hast, du interpretierst dieses Zeichen aber falsch. Du denkst vielleicht, dass du Magenschmerzen hast und nimmst eine Tablette gegen die Schmerzen. Du bleibst du hungrig, aber du spürst du es nicht mehr. Auf Dauer wirst du schlapp und krank, weil dir die notwendigen Nährstoffe fehlen.

Es ist also wesentlich, dass es uns gelingt, unsere Bedürfnisse richtig zu identifizieren. Anne dachte, lange Zeit, dass ihre Rückenverspannungen daher rührten, dass ihre Rückenmuskulatur zu schwach wäre und ging deshalb ins Fitnessstudio. Das tat zwar gut, die Schmerzen tauchten aber immer wieder von Neuem auf. Erst als Anne auf ihre Körpersignale achtete, wurde ihr bewusst, dass ihr Rücken immer dann schmerzte, wenn sie sich überfordert und gestresst fühlte. „Es ist, als ob mein Körper dann nach Aufmerksamkeit ruft und mich zwingt, mich auszuruhen. Wenn ich allerdings meine Körpersignale ernst nehme und früher auf meine Grenzen achte, dann bekomme ich auch keine Schmerzen.“

Was du für dich tun kannst: Achte bewusst darauf, welche Körpersignale du spüren kannst, wenn du dich wohl fühlst, und was du wahrnimmst, wenn du gestresst bist.

3. Phase: mobilisieren

Wenn wir erkannt haben, was wir brauchen, müssen wir losgehen und für uns sorgen, sonst wird nichts daraus. Es geht jetzt darum, für das eigene Wohlergehen Verantwortung zu übernehmen. Aber leider verharren wir allzu oft und zu lange in einer unbefriedigenden Situation. Das beginnt schon im Kleinen. Ich sitze z. B. gerade am Schreibtisch und merke genau, dass ich müde und hungrig bin. Ich müsste jetzt aufstehen und nach Hause fahren, um zu essen und zu entspannen. Ich bleibe aber weiter am Schreibtisch sitzen, weil ich noch unbedingt diesen Artikel fertig schreiben will.

Kennst Du das? Wenn das mal passiert, ist das kein großes Problem. Wenn dieses Verhalten aber zu einem Lebensmuster geworden ist, dann klappen wir irgendwann mit Burn-Out zusammen. Dann geht gar nichts mehr.

Weil wir nun mal nicht allein auf diesem Planeten leben, ist es in vielen Situationen notwendig, unsere Wünsche, Bedürfnisse oder Grenzen anderen gegenüber auszusprechen und für uns einzutreten.

Was du für dich tun kannst: Nimm` dir einen Moment Zeit und spüre, wie es dir jetzt geht. Bist du müde oder fit, hungrig, gestresst, entspannt oder verspannt? Was würde dir jetzt guttun? Welche kleine Veränderung kannst du jetzt direkt durchführen, damit es dir besser geht?

4. Phase: auswählen

Kommen wir noch mal auf den Hunger zurück. Gehen wir mal davon aus, dass du gemerkt hast, dass du hungrig bist und zum Kühlschrank gegangen bist. Dort findest du verschiedene Lebensmittel. Vielleicht ist in deinem Kühlschrank noch die kalte Pizza vom Vortag, ein Becher Schokoladenpudding, ein Käsebrot und ein Salat. Du hast nun die Wahl, auf welche Weise du deinen Hunger stillen möchtest.

Es gibt in der Regel verschiedene Möglichkeiten und Wege, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Nachdem Anne z. B. festgestellt hat, dass sie mehr Raum für sich selbst braucht, nahm sie sich morgens eine halbe Stunde Zeit, in der sie die Ruhe genoss, bevor alle anderen aufstanden. Nach der Arbeit holte sie ihre Tochter etwas später von der Kita ab, um spazieren zu gehen und die Eindrücke des Tages zu verarbeiten und ihren Gedanken nachzuhängen.

Was du für dich tun kannst: Nimm dir einen Stift und Papier und schreibe zu einem deiner Bedürfnisse mindestens 3 Möglichkeiten auf, dein Bedürfnis zu erfüllen.

5. Phase: annehmen

Zurück zum Kühlschrank. Angenommen, du hättest dich für die Pizza und den Salat entschieden. Jetzt setzt du dich ins Wohnzimmer, rufst Handynachrichten ab, während parallel noch der Fernseher läuft. Irgendwann hast du aufgegessen, bist aber nicht wirklich zufrieden. Wenn wir bekommen, was wir brauchen, dies aber nicht genießen, weil wir abgelenkt und nicht bei der Sache sind, dann hilft uns das auch nicht wirklich weiter.

Oft hindert auch ein schlechtes Gewissen Menschen daran, das Erreichte zu genießen. So war es auch bei Anne. Tatsächlich konnte sie es in Absprache mit ihrem Mann organisieren, ein Wochenende allein ans Meer zu fahren, während er sich um die 4-jährige Tochter kümmerte. Als Anne wegfuhr, hatte die kleine Klara etwas Fieber. Anne litt die gesamte Zeit unter einem schlechten Gewissen, ihren Mann „mit all den Aufgaben alleingelassen“ zu haben. Und das, obwohl ihr Mann sie darin bestärkte, trotzdem zu fahren. Anne hatte einen tief verankerten Glaubenssatz, der besagte, dass sie kein Recht auf eigene Bedürfnisse habe, den sie später in ihrer Therapie herausarbeitete.

Was du für dich tun kannst: Nimm dir einen Augenblick Zeit und überlege, wie ist das bei dir? Fällt es dir leicht, schöne Momente zu genießen? Kannst du es annehmen, wenn dir jemand etwas Gutes tut? Leidest du oft unter einem schlechten Gewissen, wenn du für dich sorgst oder eine Grenze setzt?

6. Phase: Ruhe / Rückzug

Wenn wir gut gegessen haben, sind wir satt und zufrieden. Der Hunger ist jetzt weg und wir ruhen uns vielleicht erst mal aus. Wenn wir bekommen haben, was wir brauchen und dies bewusst genießen können, dann fühlen wir uns erfüllt. Wir erleben Momente von Bedürfnislosigkeit und innerem Gleichgewicht. Diese Phase macht den Prozess erst vollständig. Es geht nicht darum, ständig dem nächsten Bedürfnis hinterherzujagen, sondern diesen Momenten auch Raum zu geben.

Anne erfüllte sich endlich einen großen Wunsch und ging eine Woche lang wandern, und zwar ganz allein. Am ersten Tag begegnete ihr wieder ihr schlechtes Gewissen, ihrem Mann und ihrer Tochter gegenüber. Doch sie konnte es diesmal schneller loslassen und ihre Zeit in der Natur und die Ruhe genießen. Als sie wieder nach Hause kam, fühlte sich ausgeglichen und voller Energie. Von diesem Erlebnis zehrte sie lange Zeit.

Anne hat inzwischen erkannt, dass es für alle Beteiligten am besten ist, wenn sie mehr auf ihre Bedürfnisse achtet. Ihre neuen Erfahrungen und Kompetenzen setzte sie auch in anderen Lebensbereichen um, sodass sie am Ende unserer Zusammenarbeit feststellte: „Heute fühle ich mich insgesamt mehr bei mir und lebendiger. Wenn es mal nicht so ist, fällt es mir inzwischen viel leichter herauszufinden, wann ich mich selbst verloren habe und wie ich wieder besser für mich sorgen kann.

Was du für dich tun kannst: Finde heraus, an welcher Stelle du in diesem Prozess gerade steckst und was deine Herausforderung in dieser Phase ist. Ich habe alle Phasen in diesem Schaubild zusammengefasst, damit du dir leichter einen Überblick verschaffen kannst.

Zyklus der Bedürfnisregulierung

Wenn du selbst aktuell mit dem einen oder anderen Bereich deines Lebens unzufrieden bist und dir professionelle Unterstützung wünschst, um daran etwas zu ändern, dann melde dich gerne bei mir. Als Gestalt-Körperpsychotherapeutin unterstütze ich dich dabei, deinen individuellen Weg zu einem ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben zu finden.

In einem kostenlosen Vorgespräch finden wir gemeinsam heraus, ob dieser Ansatz auch bei deinem Anliegen hilfreich ist. Melde dich bei mir.

Kleine Einführung in die Gestalttherapie

Hier erfährst du, was diese Psychotherapiemethode besonders wirksam macht, was Raufasertapeten mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun haben und warum Gestalttherapie nichts mit „Gestaltung“ oder „Töpfern“ zu tun hat, aber Kreativität trotzdem eine große Rolle spielt.

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Ein Blick in eine gestalttherapeutische Sitzung

Psst, wenn du ganz leise bist, kannst du mir kurz bei der Arbeit zuschauen. Ich mache nämlich heute einmal die Tür dich auf. Also hereinspaziert. Dann erfährst du, wie es Anne in einer Sitzung gelungen ist, ihren inneren Druckmacher loszuwerden und mehr Standfestigkeit für ihr Leben zu bekommen.

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